Kräuterstelen erzählen von der Lichtenergie der Pflanzen
Das Frankenwaldgymnasium und die Arnika-Akademie setzen die Schweinwerfer in einem gemeinsamen Projekt bei „Kronach leuchtet“ auf die (Licht-)Kräfte von Wildpflanzen.
Lukas Mühlnickel rührt konzentriert in einem kleinen Topf, der im Wasserbad steht. Jonas Dereser kontrolliert unterdessen mit einem Laser Thermometer die Temperatur der Paste, die 60°C nicht übersteigen darf. Die beiden Schüler der Q11 des Frankenwaldgymnasiums stellen eine Ringelblumensalbe her. Sie schmelzen Butter und Bienenwachs, fügen der Emulsion Ringelblumenöl hinzu und füllen die Creme in kleine Tiegel ab. Das Rezept hat ihnen Carola Krüger verraten, die einen Abschluss als TEH-Praktikerin an der Arnika-Akademie in Teuschnitz gemacht hat und jetzt den Produktionsvorgang überwacht. Das Team „Ringelblume“ hat Standdienst an diesem Samstagabend auf der Festung Rosenberg.
Kronach leuchtet in der Dunkelheit. Nur in ihr enfalten die illuminierten Objekte ihre magische Wirkung. Pflanzen und Bäume sind nachts nur dunkle Umrisse. Dennoch haben Schülerinnen und Schüler des Kronacher Frankenwaldgymnasiums mit ihrer Kunstlehrerin Andrea Partheymüller-Gerber und den Kräuterexpertinnen der Arnika-Akademie Teuschnitz Pflanzen zum Gegenstand ihres gemeinsamen Lichtprojekts gemacht: „MELLICH(T)STÖCK“ heißt es, in Anlehnung an den Mundartausdruck „Mellichstöck“, hochdeutsch „Milchstängel“ oder auch Löwenzahn.
Es gibt Menschen, die behaupten, sie könnten nur von Luft und Licht existieren. Das sei jetzt einmal dahingestellt. Zwar spielt Licht für unsere Gesundheit eine entscheidende Rolle, Pflanzen aber sind existenziell darauf angewiesen: die Photosynthese verwandelt Lichtenergie in chemische Energie, aus der sie sich ernähren. Heilende Wirkstoffe in Kräutern sind also durch Licht entstanden und die Menschen profitieren davon seit alters her: in der Medizin, als Tees, in der Kosmetik, in der Ernährung.
Im Lichtprojekt soll an diese Lichtkräfte der Pflanzen erinnert werden. Und so sind die Kräuterstelen entstanden. Auf massiven Holzplanken haben die Schülerinnen und Schüler 14 einheimische Wildpflanzen dargestellt, wie Frauenmantel, Giersch, Mädesüß, Holunder oder Salbei. An jedem Abend während des Kronacher Lichtfestivals steht eine andere Pflanze im Mittelpunkt. „Das Projekt soll dazu anregen, die Natur mit allen Sinnen wahrzunehmen“, erläutern die Kräuterexpertinnen von der Arnika-Akademie. Das heißt also: sehen, fühlen, schmecken, riechen, hören. Eine jede hat eine Patenschaft für eine Pflanze übernommen und unterstützt das entsprechende Schülerteam mit Kostproben von Sirup, Gelees, Aromaölen, getrockneten Blüten und Blättern und erzählt etwas über die Wirkung der Heilkräuter.
Die Künstlerin Partheymüller-Gerber arbeitet mit selbst hergestellten Pflanzenfarben, hat also ein besonderes Verständnis für Ressourcen aus der Natur. Im Frankenwaldgymnasium brachte sie verschiedene Projekte zusammen: Die Abiturklasse Q12 behandelt laut Lehrplan den erweiterten Kunstbegriff, also auch Installationen und Konzepte, deren Umsetzung traditionelle und moderne Elemente vereinen. Das „Kunstatelier“ mit Schülern der Unterstufe malte zwei Pflanzentafeln. Die Elftklässler beschäftigen sich in diesem Schuljahr mit Grafikdesign. Die MINT-Gruppe wiederum übt sich im praktischen Umgang mit Technik. „Ich versuche in meiner Arbeit soziale Prozesse herzustellen, also mit Teamarbeit Fähigkeiten und Fertigkeiten zu verknüpfen. Dies ist für das spätere Leben essenziell und daher mein wesentliches pädagogisches Anliegen.“
In der Umsetzung des Kräuterstelenprojekts sieht das dann so aus: die Q12er befassen sich mit den Kräutern und bemalen die Stelen. Die Q11er fertigen ebenfalls Bilder der Pflanzen an und erstellen einen Infoflyer. Die MINT-Gruppe besorgt Tafeln aus Plexiglas, in die der Name der Pflanze gelasert ist und sie bringen die LED-Leuchtschlangen an. Anna Mayer aus der siebten Klasse: „Die Kabelbox befindet sich im Inneren der Stele, wir haben daher ziemlich auf Verdacht gelötet und mussten am Eröffnungstag einiges noch einmal machen.“
Und was haben die Jungs hinter der Kochplatte gelernt? „Die Ringelblumensalbe hilft bei Kratzern“, sagt Lukas. Außerdem: Das Wissen um die unfallfreie Herstellung von Emulsionen im Wasserbad katapultiert in die Kochkunst der gehobenen Küche, etwa beim Zaubern einer Zabaglione oder einer Sauce Hollandaise.