Es kann jeden treffen, die Diagnose Krebs
Von einem auf den anderen Tag ändert sich damit auch das Leben der Betroffenen. Dinge, die vorher wichtig waren, erscheinen in einem anderen Licht. Die medizinische Behandlung ist das eine, die psychische Situation und wie man mit dieser Nachricht umgeht, ist das andere. Bei einer Veranstaltung am Mittwochabend im Caritas-Gebäude von „In der Heimat wohnen“ ging es um beides. Die Selbsthilfegruppe „Prognose Hoffnung“ hatte dazu eingeladen. Mit dabei war auch der Onkologe Peter Anhut.
Ute Weigelt und Hedwig Schnappauf hatten den Mut, vor einem kleinen Publikum ihre persönliche Situation zu schildern, ihre Höhen und Tiefen, ihre Ängste und Hoffnungen. Und beide Frauen schilderten, wie sie gelernt haben, mit dem Krebs umzugehen.
Der Krebs kam wie aus dem Nichts, so Ute Weigelt. Die 67-Jährige erzählte, wie diese Krankheit bei einer Mammographie im Jahre 2011 entdeckt wurde. Es sei ein „klassischer Brustkrebs“ gewesen, der auch die Lymphknoten erfasst hatte. Sie sei am Ende gewesen, kurze Zeit zuvor die Scheidung, die Kinder waren aus dem Hause. Es folgten Operationen, Bestrahlungen, Reha. Sie habe viele Informationen gesammelt, so die 67-Jährige und auch eine psychoonkologische Therapie in Anspruch genommen. Sie habe sich im Wesentlichen an die Empfehlungen der Ärzte gehalten. Zwei Jahre später glaubte sie, den Krebs überwunden zu haben.
Anfang 2014 war der Krebs plötzlich wieder da. Bei einer Untersuchung wurden Metastasen im Knochen gefunden. „Ich bin in ein schwarzes Loch gefallen!“.
Im Klinikum Bayreuth nahm Ute Weigelt schließlich am Projekt „Dem Leben entgegenlaufen“ teil. 16 Kilometer pro Tag sei sie oftmals gelaufen, habe sich der Selbsthilfegruppe „Lebensläufer“ angeschlossen. Ihre Gefühlswelt während ihrer Krankheit beschreibt Ute Weigelt als ambivalent. „Ich habe manchmal nur auf dem Sofa gelegen und die Flügel hängen lassen“, das andere Mal habe wuchs wieder der Kampfgeist.
Sie riet den Betroffenen, Informationen zu sammeln, Entscheidungen zu treffen, sich von Menschen zu trennen, die einem nicht guttun, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Bei Hedwig Schnappauf kam der Krebs im Jahre 1995. Damals war sie 35 Jahre alte. Eigentlich sollte es nur eine Kropfoperation sein. Auch bei ihr folgten Operationen, Radiojodtherapien. Auch sie glaubte geheilt zu sein, als im Jahre 2003 Metastasen in der Lunge diagnostiziert wurden. Sie habe nicht nur gute Erfahrungen mit Ärzten gemacht. Einer sagte: Manche Menschen haben Läuse, mache halt Läuse und Flöhe“. Zwischen den Jahren 2003 bis 2005 folgten Radiojodtherapien. Das Schlimmste während dieser Tage war die Isolation, erklärte sie. In den Jahren 2009 und 2013 wurden wiederum Metastasen in der Lunge festgestellt. 2013 war wiederum eine Operation.
Sie habe mittlerweile „dicke Ordner“ zu Hause. Hedwig Schnappauf sprach davon, dass sie sich immer ihre Kliniken ausgesucht habe. Und sie hat gelernt: „Nach jedem Tief kommt wieder Licht!“. Und: „Man muss für den eigenen Körper etwas tun!“.
Für beide Frauen hat auch seit der Diagnose „Krebs“ der Sport, die Bewegung und die Natur einen anderen Stellenwert bekommen. Ute Weigelt meinte auch, dass eine Psychotherapie sehr wichtig für die Seele sei.
Der Onkologe Peter Anhut sprach davon, dass manche Dinge im Leben schicksalshaft sind. Er ging auf die verschiedenen Arten von Krebs ein. Er vertrat die Auffassung, dass betroffene Menschen, die während ihrer Krankheit von einer Familie beziehungsweise sozialem Umfeld umgeben sind, einen gewissen Vorteil beim Heilungsprozess haben. Er habe die Erfahrung gemacht, dass Betroffenen, die offensiv mit der Krankheit umgehen, gewisse Rückschläge besser verkraften. Und er meinte, dass Krebs für keinen Betroffenen einfach sei. Aber: „Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren!“
Hedwig Schnappauf betonte, dass ihr Mann und ihre Kinder ihr sehr viel Kraft gegeben haben. Vor allem wenn sie ihr Enkelkind heranwachsen sieht, empfinde sie Glücksgefühle. „Man sieht, es geht weiter!“
Wie schafft es denn einer, der alleine dasteht? fragte Wendelin Vetter. Für ihn war dieser Abend insofern positiv, da er gemerkt hat: „Wir sind nicht alleine, es gibt viele – die mit Krebs zu kämpfen haben!“.
Der Abend sei für sie ein „Mutmacher“, so Beate Schmidt. Und Friedrich Schubert sprach von Hoffnung. Er stellte fest: „Mit Krebs kann man leben!“
Peter Anhut ging in einem Vortrag auf die Immuntherapie ein. Es gebe neue Substanzen, die als Antikrebsmedikamente eingesetzt werden können. Er sprach von Antikörper, die das körpereigene Abwehrsystem stimulieren. Damit kann sich das Abwehrsystem gegen die bösartigen Zellen richten. Bei einigen Krebsarten haben laut Anhut so bereits gute Erfolge erzielt werden können. Als Beispiele nannte er hier unter anderem den Schwarzen Hautkrebs, das Nierenzellkarzinom. Die in Deutschland zugelassenen Wirkstoffe würden als sogenannte „Checkpoint-Inhibitoren“ bezeichnet, weil sie an einer Schlüsselstelle das Abwehrsystem angreifen und dort ihre Wirkung entfalten. Aber auch diese Medikamente seien nicht nebenwirkungsfrei. Anhut betonte, dass die Therapie sorgsam überwacht werden müsse. Aus seinem Vortrag und Einwendungen ist zu letztendlich zu schließen, dass es mittlerweile viele positive Entwicklungen gibt, aber es bestimmt noch ein langer Weg ist, bis man Krebs vollständig heilen zu können.
Die Selbsthilfegruppe „Prognose Hoffnung“ möchte ihr Wissen, ihre Erfahrungen aber auch ihr Mitgefühl an akut Betroffene und ihre Angehörige weitergeben. Treffen sind jeweils der ersten Donnerstag im Monat um 16.00 Uhr im Gemeinschaftsraum von „In der Heimat wohnen“. Kontakt: Hedwig Schnappauf 09268/6919 und Maria Fehn, 09268/6773.